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Beschlussvorlage - 2022/1403

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Beratungsfolge

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Beschlussentwurf

 

Der Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren mit integriertem Zielabweichungsverfahren für die Erweiterung des „Zweibrücken Fashion Outlet“ wird zugestimmt.

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Sachverhalt

 

 

Die Struktur und Genehmigungsdirektion Süd des Landes Rheinland-Pfalz hat der Stadt Völklingen die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren mit integriertem Zielabweichungsverfahren für die Erweiterung des „Zweibrücken Fashion Outlet“ gegeben.

Die Betreibergesellschaft des Fashion-Outlet-Center Zweibrücken, die VIA Outlets Zweibrücken B. V., strebt eine Erweiterung der Gesamtverkaufsfläche von derzeit 21.000 m² auf 29.500 m² an.

Eine erste Information des Ausschusses für Stadtentwicklung ist bereits in der Sitzung am 03.02.2022 erfolgt.

Im Jahre 1997 wurde die Genehmigung des Fashion-Outlet-Center Zweibrücken in die Wege geleitet. Nach hiergegen erhobenen Klagen wurde die maximale Verkaufsfläche auf 21.000 m² begrenzt; nach mehreren Erweiterungen wurde diese Verkaufsflächenobergrenze in 2010 erreicht. Auch die Stadt Völklingen hatte sich seinerzeit für eine Begrenzung der Verkaufsfläche stark gemacht, ließen doch die prognostizierten Kaufkraftabflüsse auch negative Auswirkungen auf die Völklinger City befürchten.

Im Rahmen der Antragskonferenz im November 2021 wurde seitens der Stadtverwaltung im Hinblick auf die Auswirkungsanalyse (erwarteter Umsatzrückgang des jeweiligen örtlichen Einzelhandels in der Zone II des FOC-Einzugsgebietes, zu der auch die Stadt Völklingen gehört), eingefordert, dass angesichts der Kaufkraftprognosen die dortigen Mittelzentren stärker in den Fokus rücken sollten und hier ergänzende bzw. eingehendere Berechnungen vorgenommen werden.

In den nun vorgelegten aktualisierten Unterlagen zum Raumordnungsverfahren wurde den Forderungen der Stadt Völklingen jedoch nicht Rechnung getragen.

Daher ergeht nachfolgende Stellungnahme der Stadt Völklingen, die gemeinsam vom Referat für Wirtschaft, Stadtmarketing und Tourismus sowie vom Fachdienst Stadtplanung und -entwicklung erstellt worden ist.

Der Regionalverband Saarbrücken will ebenfalls eine Stellungnahme abgeben, die nachgereicht werden soll, wenn diese bis zur Sitzung vorliegen sollte.

 

Raumordnungsverfahren Erweiterung Fashion-Outlet-Center Zweibrücken

Stellungnahme der Stadt Völklingen

Ausgangssituation

Bereits bei der Ansiedlung des Outlet Zweibrücken vor zweieinhalb Jahrzehnten hatte die Stadt Völklingen massive Bedenken geäußert. Auch heute noch ist Völklingen von den Folgen des Strukturwandels überdurchschnittlich stark betroffen und weist eine im Vergleich zu den übrigen saarländischen Kommunen unterdurchschnittliche Kaufkraft auf.

Die Sortimentsausrichtung des Outlet Zweibrücken deckt sich in weiten Teilen mit den Leitsortimenten der Innenstädte. Dadurch hatte die Ansiedlung des Centers die Konkurrenz mit den Stadtzentren im engeren und weiteren Umkreis verschärft und teils deutliche Kaufkraftabflüsse mit sich gebracht.

Diese Kaufkraftverluste haben wiederum zu Geschäftsschließungen und damit zu Verödungsprozessen der Innenstädte geführt. Somit hat die Ansiedlung des Outlet Zweibrücken auch negative städtebauliche Effekte verursacht.

Erweiterung des Zweibrücken Fashion Outlet

Im Rahmen der geplanten Erweiterung des Zweibrücken Fashion Outlet wurde eine „städtebaulich und raumordnerisch orientierte Auswirkungsanalyse zur geplanten Flächenerweiterung des Zweibrücken Fashion Outlet“ durchgeführt.

Demnach ist durch die geplante Erweiterung der Verkaufsfläche um mehr als 40 % und der einhergehenden Attraktivierung des Warenangebotes von einer höheren Anziehungskraft aus weiter entfernten Zonen und Kunden außerhalb des engeren Einzugsgebietes auszugehen. Im mittleren Einzugsgebiet („Zone II“), in der sich auch die Stadt Völklingen befindet, wird ein Umsatzzuwachs von 26 % für das Zweibrücken Fashion Outlet erwartet.

Dies bedeutet, dass Kaufkraft von bisher durch den örtlichen Einzelhandel gebundenen Wohnbevölkerung (auch von Völklingen) nach Zweibrücken umgelenkt wird, was zu einem Umsatzrückgang des hiesigen örtlichen Einzelhandels führt. Zusätzlich wird auch durch die erwartete Attraktivitätssteigerung des erweiterten Fashion Outlet Zweibrücken Kaufkraft von Pendlern und Touristen umgelenkt, was weitere Umsatzrückgänge für den jeweiligen örtlichen Einzelhandel in der Zone II verursacht.

Der Umsatzrückgang wirkt sich dabei in den verschiedenen Sortimentsbereichen ganz unterschiedlich aus. Lt. den gutachterlichen Untersuchungen zählt der durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie ohnehin bereits besonders gebeutelte Modesektor zu den Sortimentsgruppen mit überdurchschnittlicher Betroffenheit in der Zone II, innerhalb dieses Sortimentssektors sind die Warengruppen Schuhe und Lederwaren in noch höherem Maße betroffen.

Die zentrale Innenstadt Völklingens leidet seit mehr als 20 Jahren an einem massiven Attraktivitätsverlust. Geschäftsaufgaben von inhabergeführten Läden, die Schließung des Großkaufhauses Galeria Kaufhof und Umstrukturierungen im Handel haben die Zahl der Ladenleerstände stetig anwachsen lassen. Die zu Zeiten der Prosperität aufgebauten Strukturen überfordern anhaltend den heutigen und zukünftigen Bedarf an Handelsfläche in der Innenstadt. Deshalb war es bereits in der Vergangenheit immer Ziel der Innenstadtentwicklung, Überkapazitäten zurückzufahren und neue Nutzungen zu initiieren sowie zu fördern (ExWoSt Stadtumbau West Rückbau von Großimmobilien, Förderzuschüsse für Neugründungen etc.).

Auf diesem Weg wurden erkennbar Erfolge erzielt. Die öffentlichen Investitionen zur Attraktivierung des Stadtraums haben bei privaten Investoren Vertrauen geschaffen und mutige Projekte entstehen lassen. Hierzu zählen zwei innerstädtische Ärztezentren sowie die Inwertsetzung und Neuvermietung einer Häuserzeile in der Haupteinkaufsstraße als Geschäfts- und Bürohaus durch die städtische Stadtentwicklungsgesellschaft.

Die bedeutsamste Entwicklung für die Innenstadt ist aber mit Abstand das Projekt Modepark Röther wegen der damit verbundenen Magnetwirkung für die City. Der Modepark Röther mit einer Verkaufsfläche von 5.350 m², der Discount Markt Action mit 985 m² und der Textilhändler Tacco mit 413 m² sind die Hauptmieter des neuen Geschäftsgebäudes, das mit einem ergänzenden Parkhaus und 14 Wohnungen in der Völklinger Innenstadt Ende August 2022 eröffnen wird.

Diese Schlüsselansiedlung zu erreichen, war für die Stadt Völklingen mit großen Anstrengungen verbunden, z. B. um die notwendige vorbereitende Bodenordnung zu schaffen. Die private Neubaumaßnahme wird begleitet durch eine umfangreiche Neugestaltung des öffentlichen Verkehrsraumes im Umfeld des Projektes (Platzgestaltung und Verkehrsführung). Der innerstädtische Einkaufsstandort Völklingen entwickelt sich damit eher untypisch und entgegen dem allgemeinen Trend positiv und trotzt damit einer Verlagerung der Kaufkraft in den Online-Handel und den Einkauf "auf der grünen Wiese".

Diese Chance aus dem Kunden- /Besucherzuwachs will die Stadt proaktiv nutzen und neue Anreize setzen, damit der ansässige Einzelhandel, die Gastronomie sowie Dienstleister wahrgenommen und genutzt werden. Hierzu hat die Stadt Völklingen im Rahmen des Bundesprogramms "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" einen Förderantrag zu Installation eines Citymanagements für die Jahre 2022-2025 beantragt. Insbesondere sollen mit diesem Ansatz für die noch immer große Anzahl leerstehender Ladenlokale (z. Zt. 50 Einheiten) in der Innenstadt neue Nutzungsüberlegungen angestellt werden.

Festzustellen ist, dass die Funktionalität der Innenstadt weiterhin in großen Teilen auf einem attraktiven Einzelhandelsmix beruht. Diesen zu schaffen und zu sichern, erfordert in hohem Maße den Einsatz öffentlicher Finanzmittel. Es besteht somit ein öffentliches Interesse daran, dass die Bemühungen der Stadt Völklingen nicht dadurch konterkariert werden, dass steuerbare Fehlentwicklungen an anderer Stelle den städtebaulich erwünschten innerstädtischen Einzelhandelsbesatz in existentieller Weise gefährden.

Die Auswirkungen eines Factory Outlet Center auf die Attraktivität von Innenstädten wird vom stationären innerstädtischen Einzelhandel äußerst kritisch gesehen. Ziel großflächiger Factory Outlet Center ist es, Kundenströme an den eigenen, nichtintegrierten Standort zu ziehen. Aufgrund der angebotenen Sortimente (schwerpunktmäßig Markenbekleidung mittlerer bis gehobener Qualität und Designer- Bekleidung) werden diese Kundenströme aus den Innenstädten des Einzugsgebietes abgezogen.

Gelockt wird mit der Zugkraft von Markenlabels, dem Preisvorteil, der günstigen Erreichbarkeit mit dem eigenen Fahrzeug und kostenlosem Parkplatzangebot. Darüber hinaus schafft das ergänzende Angebot an Freizeit- und Gastronomieeinrichtungen einen neuen Attraktivitätspunkt außerhalb der gewachsenen Innenstädte.

Da die Erfahrung der vergangenen Jahre im Textileinzelhandel zeigt, dass zusätzliche Flächenangebote und neue Handelskonzepte nicht zu zusätzlichen Einzelhandelsumsätzen im Gesamtmarkt führen, wird die Kaufkraftumlenkung unweigerlich zu Lasten der innerstädtischen Einzelhandelsbetriebe gehen. Die Folge sind nicht unbeträchtliche Umsatzverluste, die angesichts der unbefriedigenden Ertragssituation dieser Betriebe zwangsläufig zu zahlreichen Betriebsschließungen bei Klein- und Mittelbetrieben und zu Standortverlagerungen bei den Großfilialisten führen dürften.

Die sich daraufhin einstellenden Leerstände in den Stadtteilen und Zentren mit Einzelhandelsbesatz würden die Attraktivität der betroffenen Standorte auch für Neuansiedler verschlechtern. So wirkt sich die FOC-Ansiedlung an nicht-integrierten Standorten auch auf solche Einzelhandelssortimente und Dienstleistungsbetriebe negativ aus, die nicht von FOCs direkt betroffen, wohl aber auch auf Kundenfrequenz und Ambiente angewiesen sind. Aufgrund der zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die Attraktivität benachbarter Innenstädte sowie auf deren Funktionsfähigkeit würde eine FOC-Ansiedlung die Bemühungen der Städtebauförderung konterkarieren und innerstädtische private Investitionen der Vergangenheit entwerten.

(vgl. https://www.bte.de/app/download/13169297490/FOC-Positionspapier-BTE.pdf?t=1532526843)

Die Stadt Völklingen hat Grund zur Annahme, dass die vorbeschriebenen Nachteile für die Stadt und den ansässigen Einzelhandel durch die Erweiterung des Fashion Outlet Zweibrücken eintreten. Den von der SGD Süd zur Verfügung gestellten Unterlagen ist zu entnehmen, dass Völklingen mit einer Fahrzeit von 42 min (Routenplaner Googlemaps) an der Schnittstelle von Zone I (Fahrradius bis ca. 30 min) und Zone II (Fahrradius ca. 31 - 60 min) des Einzugsgebietes des Erweiterungsvorhabens liegt (Ecostra_ZFO-Erweiterung_Kurzpräsentation-Auswirkungsanalyse_bei-Antragskonferenz_2021, Seite 6).

Eine detaillierte Erhebung von Marktdaten des Mittelzentrums Völklingen ist allerdings ausweislich vorgenannter Antragsunterlagen ohne Begründung unterblieben. In Zone I wurden die 8 Mittelzentren (Blieskastel, Dahn, Homburg, Landstuhl, Neunkirchen, Pirmasens, St. Ingbert & Zweibrücken) und in Zone II die Mittelzentren Landau und St. Wendel detailliert untersucht.

Für die Stadt Völklingen ist daher eine Ergänzung der Auswirkungsanalyse um eine detaillierte Bestandserhebung des Mittelzentrums Völklingen zwingend Voraussetzung für die Genehmigungsprüfung des Vorhabens.

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