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Beschlussvorlage - 2021/1186

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Beratungsfolge

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Beschlussentwurf

Der Ortsrat fasst den Grundsatzbeschluss, die nachstehenden Straßen im Stadtteil Heidstock umzubenennen:

Karl-Peters-Straße, Wissmannstraße, Nachtigalstraße, Lettow-Vorbeck-Straße, Lüderitzstraße.

Eine Neubenennung der Straßen erfolgt in einer späteren, gesonderten Sitzung des Ortsrates.

Durch diese zeitlich gestaffelte Vorgehensweise soll der Verwaltung ausreichend Zeit gegeben werden, alle Anwohner*innen ausführlich zu informieren und weitestgehend bei den durch eine Straßenumbenennung noch verbleibenden Aktivitäten zu unterstützen.

 

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Sachverhalt

 

In der Vergangenheit wurden die Straßenbenennungen bereits in unterschiedlichster Weise mehrfach thematisiert (Bürgereingaben, politische Initiativen). Im Hinblick auf die Anerkennung des Völkermordes an den Herero und Nama durch die Bundesrepublik Deutschland im Mai dieses Jahres gewinnt die Angelegenheit zusätzlich an Relevanz.

Die Umbenennung aller Straßen beträfe circa 337 Personen in 141 Haushalten. Auf die beigefügte Visualisierung des betroffenen Gebietes und der einzelnen Straßen mit statistischen Detailangaben wird verwiesen.

Bereits in Vorlage 2021/1059 wurde dargelegt, wie die Thematik, ausgelöst durch den Antrag einer Stadtratsfraktion, über den Hauptausschuss des Stadtrates zur Beratung in die Sitzung des Ortsrates am 7. Oktober 2021 Eingang gefunden hat. Dort wurde der Beschluss gefasst, dass die Verwaltung eine Informationsveranstaltung organisieren möge, in der die Anwohnerschaft sowie interessierte Bevölkerungskreise über Anlass und Auswirkungen der Straßenumbenennungen informiert werden sollen.

Diese Infoveranstaltung fand am 3.11.2021 in der Hermann-Neuberger-Halle unter Beteiligung von circa 150 Personen, darunter mehr als 2/3 aus der unmittelbaren Anliegerschaft, statt.

Einleitend informierte Herr Dr. Rainer Möhler, Dozent für Neue und Neueste Geschichte an der Universität des Saarlandes, ausgehend von einer Abhandlung der deutschen Kolonialgeschichte und eingebettet in die Entstehungsgeschichte der Straßenbenennungen im „Kolonialviertel“, über die Personen, die mit den Straßennamen sowohl Ende der 30-iger Jahre als auch im Jahr 1956 (wieder) geehrt wurden. Der Vortrag von Herrn Dr. Möhler endete mit der Aussage:

„Ich weiß nicht ein Argument, warum wir heutzutage, im Jahr 2021, noch diese Kolonialpolitik und diese „Kolonialhelden“, Gewalttäter, Betrüger und Mörder in ehrenhafter Erinnerung behalten sollten.“

Diese Auffassung wurde in mehreren Redebeiträgen, unter anderem von Vertretern des Aktionsbündnisses Stolpersteine und des Völklinger Sicherheitsbeirates bestätigt und inhaltlich unter verschiedenen Aspekten bekräftigt. Ebenso wurde argumentiert, dass die Umbenennung der Straßen wegen des Ansehensverlustes für die Stadt Völklingen eine Angelegenheit aller Bürger*innen Völklingens sei und insoweit nicht nur die Meinungen der von den Umbenennungen betroffenen Anwohnerschaft Eingang in die Entscheidungsfindung haben dürften.

Demgegenüber legten anwesende, betroffene Anwohner*innen dar, dass sie mit einer Umbenennung nicht einverstanden sind. Sie sahen teils erhebliche Aufwände und Kosten auf sich zukommen. Ebenso betont wurde die Verbundenheit zu dem Viertel und die wahrgenommene Wohn- und Lebensqualität, die nicht durch die aktuellen Straßennamen belastet sei. Argumentiert wurde auch, dass der Fokus von Politik und Verwaltung auf dringendere Probleme, ausgerichtet werden sollte. Vorschläge zur Beibehaltung der Straßennamen mit Bezug auf Personen gleichen Namens wurden ebenso vorgetragen wie die Möglichkeit, erläuternde Zusatztafeln an den vorhandenen Straßenschildern anzubringen sowie eine zentrale Infotafel aufzustellen, auf der über die Gräueltaten der Namensgeber aufgeklärt wird. Bemängelt wurde, dass die Verwaltung die Kosten der Maßnahme nur vage mit der Angabe von „einigen Tausend Euro“ angeben konnte und nicht per se bestätigen konnte, dass einige Kosten aus dem privatrechtlichen Handlungsbereich tatsächlich in der befürchteten Höhe anfallen könnten. (Hierzu wird weiter unten noch berichtet.)

Der Diskussion vorgeschaltet war ein Informationsteil, in dem dargestellt wurde, welche Aktivitäten im Gegensatz zu einem Umzug bei einer Straßenumbenennung nicht erforderlich sind, welche Leistungen die Verwaltung übernimmt, und was von den Anliegern noch in Eigenregie zu veranlassen ist, wenn die Umbenennung der Straßen durch den Ortsrat beschlossen werden würde. Diese Punkte werden hier stichwortartig wiedergegeben:

Weitergabe der geänderten Adressbezeichnungen an eine Vielzahl von Behörden und Institutionen durch die Stadtverwaltung: An erster Stelle alle Fachdienste der Stadt Völklingen (Bürgerbüro zur Umschreibung des Melderegisters – also keine Ummeldung erforderlich wie üblich; Grundbesitzabgaben, Hundesteuer, KiTa und Grundschulen, usf.). Information der Beteiligungsgesellschaften der Stadt (Stadtwerke Holding GmbH, Stadtwerke Netz und andere Töchter), Entsorgungszweckverband Völklingen (EZV).

Des Weiteren: Deutsche Post AG (Abweichung von Umzug: kein Nachsendeantrag oder Umzugsmitteilung veranlassen); Deutsche Telekom AG; Rettungsdienste, wie Polizei Völklingen, Landespolizeipräsidium Saarland, Rettungsleitstelle, Feuerwehr.; Finanzamt, Amtsgericht Völklingen; Statistisches Landesamt; Landesamt für Vermessung, Geoinformation und Landentwicklung; Landesamt für Kataster, Vermessungs- und Kartenwesen; Saarbrücker Zeitung; Wochenspiegel; Regionalverband Saarbrücken / Regionalverbandsverwaltung; Deutsche Rentenversicherung; GEZ; IHK Saarland; Sparkasse Saarbrücken; Örtliche Kirchengemeinden (kath., ev.).

Änderung amtlicher Dokumente:
Eine Änderung des Personalausweises ist ebenso erforderlich wie die Adressumschreibung des „Fahrzeugscheins“ (Kfz-Zulassungsbescheinigung I). In beiden Fällen entstehen den Anwohner*innen keine Kosten. Dargestellt wurde, dass man sich bei dem Besuch des Bürgerbüros vertreten lassen kann bzw. ein kostenloser „Haustürservice“ mit Abholung und Rückgabe der Unterlagen durch eine/n Auszubildende/n der Stadtverwaltung in Anspruch genommen werden kann, wenn ein persönliches Aufsuchen (oder eine Vertretung) nicht möglich ist.

Keine Änderung von Reisepass und Fahrerlaubnis (Führerschein) erforderlich.

Aktivitäten aus dem privaten Lebensbereich, die von den Anwohner*innen in Eigenregie zu veranlassen sind:

Arbeitgeber informieren; Private Kontakte; Schule, Hochschule, Universität; Versicherungen (Privat, Haus, Kfz, …..); Krankenkasse; Banken, (Sparkassen); Kreditkartenanbieter; Automobilclub; Berufsverbände, Gewerkschaften; Freizeit und Hobby: Vereine, Fitness-Studio etc.; Internetportale, wie eBay, Amazon, (ggfls. erst aktuell bei einer Bestellung - Lieferadressbestätigung).

Zugesagt wurde, dass alle Haushalte zu gegebener Zeit eine informative Zusammenstellung aller Leistungen sowie eine ergänzende „Checkliste“ erhalten werden.

Ergänzt werden kann dieser Katalog im Nachgang der Umbenennungen noch durch eine Bescheinigung, aus der rechtsverbindlich hervorgeht, dass im vorliegenden Fall eine Straßenumbenennung erfolgte, die nur eine neue Adressangabe generiert, also nicht zu einer Wohnsitzänderung führt(e).

Die Kernaussage in der Veranstaltung war, dass im Gegensatz zu einem „normalen“ Umzug verschiedene Aktivitäten gar nicht erst anfallen und die Verwaltung die Anwohnerschaft bei den restlichen Arbeiten weitestgehend unterstützt und diese Leistungen für die Anwohnerschaft kostenfrei sind. Bei der Vorrecherche zu dem Thema waren insbesondere die oben dargestellten „Haustürdienstleistungen“ betreffend, keine vergleichbaren Dienstleistungen bei anderen Kommunen, die Straßenumbenennungen umzusetzen hatten, vorzufinden.

Da im Vorfeld der Infoveranstaltung bei der Recherche zum Thema keine Anhaltspunkte für diverse, in der Versammlung behauptete Kostenfaktoren gefunden wurden, konnten diese auf Anhieb weder seriös bestätigt noch dementiert werden. Mittlerweile ergab eine Recherche, dass – wie erwartet – die befürchteten Kosten bzgl. Grundbuchamt, Landesamt für Katasterwesen sowie für bereits eingetragene Belastungen, Rechte sowie Hypotheken und Grundschulden nicht anfallen. Auch bezüglich anderer Urkunden kann Entwarnung gegeben werden. In den meisten Fällen ist die postalische Adressangabe nicht maßgeblich; es greifen vielmehr entweder die Angaben zu Gemarkung, Flur und Flurstück bei einem Grundstück oder aber der Name, das Geburtsdatum und der Geburtsort einer Person. Näheres in dem dieser Vorlage beigefügten Dokument des Fachdienstes 51.

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Finanzielle Auswirkungen

 

Neue Schilder für die neuen Straßennamen:                                ca. 2.200 Euro

Anbringung der neuen Schilder, vorübergehende Tiefersetzung
der alten Schilder (interne Verrechnung mit FD 42):                  max. 1.000 Euro

Summe Beschilderung:                                                         brutto 3.200 Euro

 

Der Verzicht auf die Einnahmen bei der kostenfrei angebotenen Umschreibung der Kfz-Zulassungsbescheinigung I („Fahrzeugschein“) würde sich auf rund 3.000 Euro belaufen, wovon rund 160,-- Euro zahlungswirksam als Gebührenanteil an das KBA abzuführen wären.

Selbstverständlich entstehen im betriebswirtschaftlichen Sinne auch Aufwände durch die von der Stadt zu erbringenden Verwaltungsleistungen. Hierzu ist auszuführen, dass sowohl die Änderung von über 300 Personalausweisen und ca. 270 Fahrzeugscheinen beim Bürgerbüro als auch die begleitende Arbeit beim Fachdienst Stadtplanung und -entwicklung und bei anderen Fachdiensten, im Rahmen der Regelarbeitszeit geleistet werden kann. Weitere Sachkosten (Papier, Kuvertierungen etc.) dürften sich im dreistelligen Kostenrahmen bewegen. 

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Anlagen

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